5.9.2025

B. Jacobs

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4

Min

Maritime Sicherheit: Piraterie, Geopolitik und die Zukunft des Seetransports

Die Weltmeere sind das Rückgrat des globalen Handels. Über 80 % des weltweiten Warenverkehrs werden per Schiff transportiert. Container voller Elektronik, Maschinen, Textilien, Rohstoffe und Lebensmittel legen täglich Millionen Seemeilen zurück – schnell, kosteneffizient und in gewaltigen Dimensionen. Doch diese scheinbare Selbstverständlichkeit ist verletzlich. Piraterie, geopolitische Konflikte und Sicherheitsrisiken bedrohen die Stabilität der Seehandelsrouten und damit die Versorgung der Weltwirtschaft.

Piraterie – ein altes Risiko in neuer Form

Piraterie gilt oft als Relikt aus vergangenen Jahrhunderten, doch die Realität sieht anders aus. Vor allem im Golf von Guinea (Westafrika) und am Horn von Afrika (nahe Somalia) kommt es nach wie vor zu Überfällen. Während die Angriffe im Indischen Ozean durch internationale Marineeinsätze in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind, ist Westafrika mittlerweile zum Brennpunkt geworden.

Die Angriffe konzentrieren sich weniger auf die Entführung ganzer Schiffe, sondern häufiger auf das Kidnapping von Crewmitgliedern mit anschließender Lösegelderpressung. Laut dem International Maritime Bureau (IMB) gingen allein 2023 über 120 gemeldete Angriffe ein. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

Geopolitische Krisen als Unsicherheitsfaktor

Nicht nur Piraten gefährden den Schiffsverkehr, sondern auch geopolitische Konflikte. Besonders eindrücklich ist derzeit die Lage im Roten Meer und rund um die Straße von Bab al-Mandab. Angriffe der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe haben dazu geführt, dass viele Reedereien den Umweg um das Kap der Guten Hoffnung nehmen müssen – eine zusätzliche Strecke von bis zu 6.000 Kilometern und rund zwei Wochen Zeitverlust.

Auch in der Taiwanstraße und im Südchinesischen Meer steigen die Spannungen. Die Region ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt: Rund ein Drittel des globalen Seehandels passiert diese Gewässer. Sollte es hier zu einer militärischen Eskalation kommen, stünde die Weltwirtschaft vor massiven Verwerfungen.

Kosten durch Unsicherheit

Unsichere Routen schlagen sich unmittelbar in steigenden Kosten nieder. Für Reedereien bedeutet dies höhere Versicherungsprämien, längere Transportwege, zusätzlichen Treibstoffverbrauch und mehr Personalaufwand. Auch Import- und Exportfirmen müssen damit rechnen, dass Lieferzeiten weniger planbar sind und Transportpreise in Krisenzeiten explodieren können.

Die Folgen für die Weltwirtschaft sind gravierend: Schon kleinere Störungen können Lieferketten ins Wanken bringen – ein Phänomen, das wir während der Pandemie und bei der Blockade des Suezkanals durch die Ever Given erlebt haben.

Strategien zur Risikominimierung

Die Branche reagiert auf diese Herausforderungen mit einer Reihe von Maßnahmen:

  • Marineeskorten und internationale Kooperationen: Kriegsschiffe der EU, NATO und anderer Nationen sichern gefährdete Regionen, etwa durch die Operation Atalanta vor Somalia.
  • Technologische Lösungen: Moderne Schiffe sind mit Radar, Drohnen und Satellitenüberwachung ausgestattet, um potenzielle Bedrohungen frühzeitig zu erkennen.
  • Routenanpassung: Reedereien legen zunehmend flexible Fahrpläne fest, um Gefahrenregionen kurzfristig umfahren zu können.
  • Crew-Training: Besatzungen werden gezielt auf Notfallszenarien geschult – vom sicheren Verstecken im „Citadel Room“ bis zum Kommunikationsprotokoll mit internationalen Einsatzkräften.
  • Versicherung und Risikomanagement: Spezialisierte Policen decken Schäden durch Piraterie oder Kriegshandlungen ab, was aber zu steigenden Gesamtkosten beiträgt.

Zukunftsperspektiven

Die maritime Sicherheit wird in den kommenden Jahren eines der zentralen Themen der Logistikbranche bleiben. Prognosen gehen davon aus, dass Krisenherde nicht verschwinden, sondern sich eher verlagern. Gleichzeitig wächst die Abhängigkeit vom Seehandel – nicht zuletzt durch die globale Nachfrage nach Rohstoffen, Energie und Konsumgütern.

Neue Technologien könnten helfen, die Risiken zu minimieren. Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt bei der Routenplanung, um Konfliktzonen zu umgehen. Digitale Zwillinge simulieren Sicherheitslagen in Echtzeit und ermöglichen schnelle Entscheidungen. Zudem setzen Reedereien vermehrt auf internationale Partnerschaften, um gemeinsam Stärke zu zeigen.

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Die Sicherheit der Weltmeere ist für den globalen Handel von entscheidender Bedeutung. Piraterie, geopolitische Krisen und unsichere Routen erhöhen die Risiken und Kosten erheblich. Unternehmen und Reedereien können jedoch durch technologische Innovationen, internationale Zusammenarbeit und flexible Routenplanung gegensteuern. Klar ist: Maritime Sicherheit wird auch in Zukunft ein Schlüsselfaktor für stabile Lieferketten bleiben.

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