4.7.2025

B. Jacobs

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5

Min

Comeback der Schiene: Warum der Güterverkehr auf der Schiene wieder an Fahrt gewinnt

Zwischen Klimazielen und Kapazitätsengpässen rückt die Bahn als Verkehrsträger wieder ins Zentrum logistischer Überlegungen. Jahrzehntelang vernachlässigt, erlebt der Güterverkehr auf der Schiene ein bemerkenswertes Comeback – und das aus gutem Grund: Die Bahn ist nicht nur klimafreundlich, sondern birgt enormes Potenzial zur Entlastung von Straßen und Autobahnen.

Doch wo stehen wir aktuell? Welche Rolle kann die Schiene im modernen Logistikmix spielen – und was muss passieren, damit das Comeback nicht nur eine politische Vision bleibt?

Status quo: viel Potenzial, wenig Auslastung

Obwohl rund 40 Prozent der Fernverkehrsstrecken in Deutschland elektrifiziert sind und die Bahn als klimafreundlichster Verkehrsträger gilt, dümpelt ihr Marktanteil im Güterverkehr seit Jahren zwischen 18 und 20 Prozent. Im Vergleich dazu: Der Lkw dominiert mit über 70 %.

Die Ursachen dafür sind vielfältig:

  • Veraltete Infrastruktur und mangelnde Digitalisierung
  • Hohe Trassengebühren im Vergleich zum Straßenverkehr
  • Fehlende Flexibilität gegenüber der „Just-in-time“-Logik des Lkw
  • Langsame Genehmigungsverfahren für neue Strecken und Terminals

Gleichzeitig steigen aber der politische Druck und die wirtschaftlichen Argumente für eine Verkehrsverlagerung.

Warum die Schiene wieder attraktiver wird

1. Klimaziele als Katalysator

Die EU und Deutschland haben sich ambitionierte Klimaziele gesetzt. Bis 2030 soll der CO₂-Ausstoß im Verkehrssektor massiv reduziert werden. Da der Straßengüterverkehr ein Hauptverursacher ist, gilt die Verlagerung auf die Schiene als logischer Hebel – insbesondere für den Mittel- und Langstreckentransport.

2. Investitionen in Infrastruktur & Digitalisierung

In den letzten Jahren wurden milliardenschwere Programme zur Modernisierung des Schienennetzes gestartet. Besonders hervorzuheben:

  • Digitalisierung von Stellwerken und Betriebszentralen
  • Ausbau von Güterkorridoren (z. B. Rotterdam–Genua)
  • Förderung von Terminalinfrastruktur für Kombiverkehr

Gleichzeitig wird der European Rail Traffic Management System (ERTMS) schrittweise eingeführt – ein einheitliches System, das grenzüberschreitenden Verkehr effizienter machen soll.

3. Kombinierter Verkehr boomt

Die Kombination aus Straße und Schiene wird immer beliebter – etwa durch den Vor- und Nachlauf per Lkw, verbunden mit dem Hauptlauf per Bahn. Neue Umschlagzentren, automatisierte Kräne und optimierte Abläufe ermöglichen eine nahtlose Verbindung der beiden Systeme. So lassen sich die Vorteile beider Welten kombinieren: Flexibilität und Reichweite auf der Straße, Effizienz und Nachhaltigkeit auf der Schiene.

Bei mittleren und langen Distanzen oder hohem Volumen ist die Schiene eine interessante Alternative.

Fallbeispiele: Wer macht’s vor?

  • Schweiz: Bereits heute wird dort über 35 % des Güterverkehrs per Bahn abgewickelt – dank konsequenter Förderung und hoher Trassengebühren für Lkw.
  • Österreich: Mit der ÖBB Rail Cargo Group wird aktiv in den Ausbau grenzüberschreitender Verbindungen investiert, unter anderem nach Südeuropa und in die Türkei.
  • Deutschland: Erste Projekte wie die „Mega-Hubs“ in Lehrte oder München-Riem zeigen, wie durch smarte Infrastruktur neue Effizienzgewinne möglich sind.

Was Unternehmen beachten sollten

Der Umstieg auf die Schiene erfordert Planung – aber er lohnt sich. Besonders für Transporte mit:

  • Mittleren bis langen Distanzen (> 300 km)
  • Hohem Volumen oder regelmäßigem Aufkommen
  • Nicht-zeitkritischen Lieferfenstern

Außerdem sind Partnerschaften mit Kombiverkehrsdienstleistern sinnvoll, um bestehende Netzwerke und Know-how zu nutzen.

Herausforderungen bleiben – aber der Wandel hat begonnen

Noch ist nicht alles reibungslos: Die Pünktlichkeitsquote im Schienengüterverkehr lässt zu wünschen übrig, Kapazitäten sind begrenzt, und der Koordinationsaufwand ist hoch. Aber die Richtung stimmt: Die Bahn ist wieder im Gespräch – nicht nur in der Politik, sondern auch in der Transportpraxis. Die Zukunft der Logistik ist multimodal. Und die Schiene ist ein zentraler Teil davon.

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Das Comeback der Schiene ist mehr als Symbolpolitik – es ist ein realistischer Weg in eine nachhaltigere Logistikzukunft. Wer frühzeitig auf Bahnlogistik setzt, profitiert doppelt: ökologisch durch geringere Emissionen, ökonomisch durch neue Förderungen und langfristige Resilienz. Kombinierte Verkehre und Investitionen in digitale Infrastruktur machen die Schiene zu einem modernen, zukunftsfähigen Verkehrsträger. Es lohnt sich, jetzt aufzuspringen.

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